Die erste Bürgerpflicht

In Wetzlar fand eine Veranstaltung des Freiwilligenzentrum Mittelhessen e.V. (FWZ) in Kooperation mit der Aktion Mensch e.V. zum Thema Inklusion statt. Um Passanten aufmerksam zu machen, hatten Mitarbeiterinnen des FWZ auf dem Pflaster der Fußgängerzone vor dem Einkaufszentrum, in dem die Veranstaltung ablief, einige Hinweise angebracht, und zwar mit umweltfreundlicher, abwaschbarer Kreide. Diese hätte also spätestens den nächsten Regen ohnehin nicht überstanden. Außerdem hatte man vorher – leider nur telefonisch – die Erlaubnis des städtischen Ordnungsamtes eingeholt. Die „Verschandelung“ des Pflasters ließ allerdings einen eifrigen Zeitgenossen nicht ruhen, der Polizei und Ordnungsamt informierte, welches – ohne Erinnerung an die telefonische Erlaubnis – dem FWZ aufgab, die Kreide unverzüglich zu entfernen. Sonst drohe ein erhebliches Bußgeld. Nachzutragen ist noch, dass an der Veranstaltung auch Landrat und Oberbürgermeister teilnahmen, die an der gar schröcklichen Verletzung des öffentlichen Eigentums mittels Verfärbung des grauen Pflasters durch Farbe auf Kreidebasis keinen Anstoß nahmen. Diese Ereignis habe ich zum Anlass für die folgenden Reime genommen.

 

Die erste Bürgerpflicht

 

Grad heute treibt mein Bürgersinn

mich auf den Weg zum Bahnhof hin.

Doch halt! Fast bin ich schon vorbei,

da sehe ich die Schweinerei:

Das ordentliche graue Pflaster

mit dem wunderschönen Raster

vor dem neuen Einkaufsladen

mit den spiegelnden Fassaden:

In wilde Anarchie verwandelt,

mit bunten Farben bös verschandelt!

Wo vorher alles rein gewesen,

ist nun von „Aktion Mensch“ zu lesen.

Und dann auch noch Parolen

Unter meinen Sohlen!

„Dabei sein“ heißt es überall,

doch nicht mit mir, auf keinen Fall!

Erstmal müsst ihr euch benehmen

für die Schmiererei hier schämen.

Das Ordnungsamt eilt schon herbei,

nennt auch das Ganze „Schweinerei“,

ermittelt schnell die Delinquenten,

die dann mit ihren eignen Händen

das Bunte schnell entfernen.

Bevor´s von selbst verschwunden wär´.

Was können wir nun hieraus lernen:

Der Bürger mag die Ordnung sehr,

doch das spricht gegen inklusiv,

denn dann wär Graues bunt und Grades schief!